Freitag, 6. Dezember 2019

[Gastbeitrag] Autoren sind Lügner!

Geschrieben von: Dominik A. Meier.

Auf diesen Beitrag freue ich mich schon die ganze Woche, denn: Autoren sind Lügner! Ja genau! 😀 Willkommen zu einer neuen Ausgabe meines Autorenblogs!

Ich hatte Anfang des Jahres eine längere Unterhaltung/Diskussion per Mail mit einer Leserin, die mir wohl immer im Gedächtnis bleiben wird. Sie hat mir damals höflich, aber auch sehr bestimmt mitgeteilt, dass ich kein Recht hätte, in meinem Roman ‚project no_face‘ über eine lesbische Protagonistin zu schreiben – schließlich sei ich ja weder eine Frau noch homosexuell. Ja, damit hat sie Recht. Beides bin ich nicht. Aber darf ich deswegen etwas nicht schreiben? 

Wir Autoren sind notorische Lügner. Ein Schelm, wer Böses denkt. Wir lügen, bis sich die Balken biegen. Also mal von Sachbuchautoren und Biographen ausgenommen, die deswegen ja auch nicht am Erwachsenentisch sitzen dürfen. Wobei Biographen es mit der Wahrheit auch nicht immer so genau nehmen. Wie dem auch sei. Ich muss zum meiner Schande ja gestehen, dass ich nie im Institut aus ‚Tumor‘ war. Ich habe auch noch nie ein Gewehr abgefeuert und bin auch kein Wereinhorn wie meine liebe Alissa aus ‚I am Unicorn‘. Trotzdem schreibe ich darüber. Ich verdiene mein Geld, indem ich mir den lieben, langen Tag Lügengeschichten zusammenspinne, aufschreibe und euch verkaufe. Ja, ihr bezahlt mich dafür, dass ich euch anlüge. Und gebt es ruhig zu – die meisten von euch haben eine gute Zeit dabei. 

Die Diskussion darüber, was Autoren schreiben dürfen oder ob man überhaupt etwas zu Papier bringen darf, das man nicht selbst erlebt hat, gibt es immer wieder mal. Manchmal lauter und meistens leiser, aber es gibt sie. Dabei wird jedoch so gut wie immer aus den Augen verloren, worum es bei belletristischer Literatur geht: Eskapismus. Wir WOLLEN entkommen. Jeder von uns. Ein paar Minuten oder Stunden die Welt und den Alltag ausblenden. Deswegen gehen wir ins Kino, lesen Bücher, schauen fern und spielen Spiele. Wir wollen für ein paar Stunden Astronaut sein. Vampir, Werwolf, Monsterjäger. Erfolgreich, schön, mutig. Manchmal auch traurig, einsam und verlassen. Wir brauchen das. Unser Verstand funktioniert nur, indem er solche Gedankenspiele zur Erweiterung seines eigenen Horizonts benutzt, und unsere Spezies macht das auch schon seit Jahrtausenden. Schon die Griechen wussten vor tausenden Jahren, wie man seine Zuhörer mit notgeilen Göttern, riesigen Monstern und sexy Meerjungfrauen unterhält. 

Deswegen sind wir Autoren Lügner. Und wir werden weiterlügen. Und deswegen werden wir auch immer wieder über Dinge schreiben, die wir nicht sind und nicht erlebt haben. Fast niemand erhebt den Anspruch, eine präzise, neutrale und wissenschaftliche Analyse über ein Thema zu verfassen. Der Anspruch ist vielmehr, euch in eine Welt abtauchen zu lassen. Und wenn diese Welt nun mal aus den Augen einer lesbischen Frau gesehen wird, ist es einfach so.

2 Kommentare:

  1. Haha, solche Vorwürfe sind mir auch schon zu Ohren gekommen, was ein Schwachsinn!
    Wenn jeder nur das schreiben dürfte, was er kennt/erlebt hat, gäbe es ja nur Biografien bzw. dürften Männer nur über Männer und Frauen nur über Frauen schreiben - aber das funktioniert ja auch nicht, gell :D

    Seltsame Welt ist das ^^

    Liebste Grüße, Aleshanee

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  2. Guten Morgen!

    Ich hab den Beitrag heute auch in meiner Stöberrunde verlinkt ;)

    Ich wünsche ein schönes Adventswochenende!
    Liebste Grüße, Aleshanee

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